Save You (Maxton Hall, #2)(18)



?Soll ich dir bei der Bewerbung helfen??

Ember h?lt inne und wagt nun doch einen Blick in meine Richtung. ?Also meinst du, dass das eine gute Idee ist??

Ich nicke bekr?ftigend. ?Dir ist doch schon seit Jahren klar, dass du etwas mit Mode machen willst. Ich würde sagen, je eher du anf?ngst, desto besser.?

Sie lackiert schweigend weiter.

Nachdenklich sehe ich sie an. ?Was ist los??, frage ich.

Ember z?gert noch einen Moment. ?Am allerliebsten würde ich ein Praktikum bei einem Unternehmen machen, das sozial-und umweltvertr?gliche und gleichzeitig stylishe Plus-Size-Mode herstellt?, erkl?rt sie schlie?lich. ?Es ist nur leider so schwer, etwas zu finden, das all diese Kriterien erfüllt. Also werde ich mich wohl oder übel bei allen bewerben müssen, die Praktika anbieten. Aber ich frage mich, welchen Sinn es hat, in einem Unternehmen zu arbeiten, das nicht einmal Kleidung in meiner Gr??e herstellt. Wei?t du, was ich meine??

Ich nicke. ?Ja, aber es ist auch wichtig, Berufspraxis zu bekommen. Und zumindest kannst du dir alles anschauen und überlegen, wie du es einmal anders machen wirst.?

?Trotzdem habe ich Bauchschmerzen dabei?, sagt sie seufzend. ?Ich frage mich die ganze Zeit, ob mein Instinkt mir vielleicht davon abraten will??

?Vielleicht ist es auch nur die Aufregung. Denk einfach daran, dass ganz viele Leute hinter dir stehen. Dein Blog hat so viele Leser. Sie alle glauben an dich und deine Vision.?

?Es ist lieb, dass du das sagst.?

?Das sage ich nicht nur, um lieb zu sein. Ich meine es ernst. Ich glaube fest daran, dass du sp?ter dein eigenes Modeimperium gründen wirst und damit durchstartest.?

Ember strahlt bis über beide Ohren – das kann ich trotz des Mundschutzes an ihren funkelnden Augen erkennen.

?Wir k?nnten die Ferien nutzen und eine Liste mit englischen Unternehmen machen, die infrage k?men, oder was meinst du??, hake ich nach, w?hrend ich mit dem Pinsel über die innere Seite des Regals fahre.

?Das ist eine tolle Idee. Ich habe sogar schon angefangen, weil ich bald einen Guide für ethisch hergestellte Plus-Size-Mode schreiben wollte.?

Ich will gerade antworten, dass unsere Abmachung steht, da klopft es an der seitlichen Garagentür.

?Ruby??

Ember und ich erstarren. Mum darf auf keinen Fall sehen, was wir hier machen. Sie kann n?mlich keine Geheimnisse für sich behalten, schon gar nicht, wenn es um Geschenke für Dad geht. Das haben wir in den vergangenen Jahren mehr als einmal feststellen müssen.

?Wehe, du kommst rein!?, ruft Ember panisch und macht einen schnellen Schritt vor das Gewürzregal, damit Mum es nicht sieht, sollte sie doch ihren Kopf durch die Tür stecken.

?Das hatte ich nicht vor?, h?ren wir sie ged?mpft rufen. ?Ruby, du hast Besuch.?

Ember und ich wechseln einen verwirrten Blick.

?Lin vielleicht??, fragt sie.

Ich schüttle den Kopf. ?Nein, sie verbringt die Weihnachtsfeiertage mit ihrer Mutter in China, um Verwandte zu besuchen.?

Embers Augen weiten sich. ?Meinst du, es ist …?? Sie spricht seinen Namen nicht aus, aber dennoch macht mein Herz einen Satz.

?Wer ist es, Mum??, frage ich laut.

?Kannst du vielleicht einfach rauskommen? Ich habe keine Lust, mich mit dir durch die Tür zu unterhalten.?

Ich verdrehe die Augen und ziehe die eine Schlaufe des Mundschutzes vom Ohr, sodass er halb runterh?ngt und ich mich wie ein Arzt fühle, der gerade bei einer wichtigen Operation eine Pause macht. Ich ?ffne die Tür einen Spaltbreit und schiebe mich hindurch. Mum sieht mich und den Mundschutz mit hochgezogenen Augenbrauen an, und ich erwische sie dabei, wie sie sich auf die Zehenspitzen stellt, um einen Blick durch den Türspalt zu erhaschen. So schnell es geht, ziehe ich die Tür hinter mir ins Schloss.

?Wer ist es??, frage ich leise.

Von einem Moment auf den anderen wird Mums Miene wieder ernst. ?Das Beaufort-M?dchen.?

Das Herz rutscht mir in die Hose. Ich habe ein Déjà-vu von jenem Abend, an dem Lydia hier nach James gesucht hat. Es kann nicht schon wieder etwas Schlimmes passiert sein.

Nicht schon wieder. Bitte, nicht schon wieder.

?Wo ist sie??, frage ich.

Mum deutet in Richtung des Flurs. ?Im Wohnzimmer. Dein Vater und ich sind in der Küche, falls du uns brauchen solltest.?

Ich nicke und ziehe mir den Mundschutz ganz ab. Vorsichtigen Schrittes gehe ich durch den Flur in Richtung Wohnzimmer. Diesmal wappne ich mich, Embers kluge Worte noch ganz frisch in meinem Ged?chtnis.

Lydia sitzt auf unserem alten geblümten Sofa, die H?nde im Scho? verschr?nkt, den Blick auf den Wohnzimmertisch geheftet. Sie tr?gt eine locker fallende Chiffon-Bluse zu einem schwarzen Faltenrock und hat ihre Haare in den für sie typischen Pferdeschwanz hochgebunden. Kein einziges der gelockten Haare steht ab, wie immer vermittelt Lydia den Eindruck, alles an ihr w?re in perfekter Ordnung.

Der apathische Blick in ihren Augen sagt jedoch etwas anderes.

?Hi?, sage ich leise, weil ich sie nicht erschrecken will.

Lydia hebt den Kopf und erblickt mich im Türrahmen. Sie ringt sich zu einem müden L?cheln durch. ?Hi, Ruby.?

Einen Moment lang bin ich unentschlossen, was ich machen soll, entscheide mich aber, zu ihr zu gehen und mich neben sie aufs Sofa zu setzen. Ich unterdrücke den Impuls, Small Talk zu machen und sie zu fragen, wie es ihr geht oder ob alles in Ordnung ist. Stattdessen warte ich.

Nach einer Weile schluckt Lydia schwer. ?Du hattest gesagt, dass ich mich melden soll, wenn ich etwas brauche.?

Einen Moment lang schaue ich sie perplex an, dann nicke ich schnell. ?Ja, natürlich. Egal, was es ist.?

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