Save You (Maxton Hall, #2)(21)



Die B?ckerei ist klein und beengt. Eigentlich ist der Raum nicht dafür ausgelegt, es sich hier mit einem Kaffee bequem zu machen, doch zwei Tische mit Sitzgelegenheiten gibt es trotzdem. Einer neben der Tür zur Küche, wo der Teig zubereitet wird, und einer, der so nahe am Verkaufstresen steht, dass die Kunden unweigerlich dagegenrempeln, wenn es ein bisschen voller wird.

Ich deute auf die kleine Sitzbank und den ramponierten Holztisch im hinteren Teil des Raums. W?hrend Lydia auf die Bank rutscht, sieht sie sich in der B?ckerei um. Sie scheint nicht so recht zu wissen, was sie von dem Laden halten soll. Ihr beinahe skeptischer Blick erinnert mich an ihre Mutter und die Art, wie diese mich begutachtet hat, als wir uns zum ersten Mal gegenüberstanden.

Ich schüttle mir die Erinnerung aus dem Kopf. ?Wei?t du schon, was du m?chtest??, frage ich.

Lydia blickt an mir vorbei und betrachtet die verschiedenen Kuchen mit schr?g gelegtem Kopf. ?Was kannst du denn empfehlen??

?Mein Favorit ist der Bakewell Pudding.?

?Dann nehme ich den.?

Ich nicke l?chelnd und gehe nach vorn zum Tresen, gerade als Mum aus der Küche kommt. Sie strahlt, als sie mich sieht, und wischt sich die H?nde an ihrer Schürze ab, die sie über dem gestreiften Hemd mit dem Schriftzug der B?ckerei tr?gt.

?Hi, Mum, ich bin mit Lydia hier?, sage ich schnell und deute mit dem Daumen über die Schulter auf unseren Tisch. ?Sie hatte einen harten Tag, und ich dachte, Bakewell Pudding und eine hei?e Schokolade würden sie bestimmt aufheitern?, wispere ich in der Hoffnung, dass Lydia mich nicht h?rt.

?Es gibt nichts, bei dem Bakewell Pudding und eine hei?e Schokolade nicht helfen?, antwortet Mum und wirft mir einen verschw?rerischen Blick zu.

?Danke, Mum.?

Ich gehe wieder zurück zu Lydia und setze mich auf den wackeligen Stuhl ihr gegenüber. Sie hat das Kinn auf der Hand abgestützt. ?Wie lange arbeitet deine Mum hier schon??

?Seit ich denken kann. Sie hat direkt nach der Schule angefangen.?

Sie l?chelt leicht. ?Das muss als Kind bestimmt cool gewesen sein.?

?Es gab st?ndig Kekse?, sage ich mit wackelnden Brauen.

Lydias L?cheln wird noch ein bisschen breiter.

?Wei?t du schon, was du sp?ter mal machen m?chtest??, frage ich nach einer Weile.

Jetzt verfinstert sich ihr Blick. ?Was wohl??

?Lydia, nur weil du ein Baby bekommst, hei?t das nicht, dass deine gesamte Zukunft im Arsch ist.?

Sie senkt die Augen und f?hrt mit dem Finger über die Macken in der Tischplatte. ?Babys?, murmelt sie nach einer langen Weile.

?Was??, frage ich verwirrt.

?Meine Zukunft ist nicht im Arsch, nur weil ich Babys bekomme. Mehrzahl.? Das L?cheln ist wieder da, schmaler zwar, aber ich kann trotzdem nicht anders, als es zu erwidern.

Ich wei? nicht, was als N?chstes passiert, aber pl?tzlich fangen wir beide an zu lachen, erst z?gerlich, dann lauter. Lydia schl?gt sich eine Hand vor den Mund, als k?nnte sie selbst gar nicht richtig glauben, was sie gerade tut. Das wiederum l?sst ihr Lachen zu einem halb erstickten Prusten mutieren, und wir müssen noch heftiger lachen.

Genau in dem Moment kommt meine Mum mit einem Tablett zu uns und stellt erst die dampfenden Becher und dann die beiden Kuchenteller vor uns ab. ?Was ist so lustig??, fragt sie.

Lydia presst die Lippen aufeinander und schlie?t die Augen, bis sie sich wieder unter Kontrolle hat. Danach sieht sie Mum an und sagt mit vollkommen ruhiger Stimme: ?Ruby und ich lachen nur über die Merkwürdigkeiten des Lebens, Mrs Bell.? Sie beugt sich vor und h?lt ihre Nase über den dampfenden Becher. ?Das riecht übrigens herrlich.?

Mum blinzelt perplex. Dann hebt sie die Hand und streicht über Lydias Arm. Sie wei?, dass Lydia vor Kurzem ihre Mutter verloren hat, und so wie ich sie kenne, würde sie gern mehr für sie tun, als ihr hei?e Schokolade und Kuchen zu bringen. ?Lass es dir schmecken.?

Lydia sieht meiner Mum hinterher, als diese zurück zum Tresen geht, um den n?chsten Kunden zu bedienen. Anschlie?end seufzt sie leise, zieht den Becher mit der hei?en Schokolade n?her zu sich und legt beide H?nde darum.

?Ich wollte früher immer Designerin bei Beaufort werden?, antwortet sie doch noch auf meine Frage.

?Das kannst du …?, immer noch, will ich sagen, aber ein Blick von Lydia reicht, um mich zum Verstummen zu bringen.

Sie nimmt den L?ffel und rührt ein paar Sekunden lang in der hei?en Schokolade herum. ?Früher h?tte ich mir nichts Sch?neres vorstellen k?nnen, als meine Kreativit?t bei Beaufort einzubringen, aber Mum und Dad waren der Ansicht, dass meine Ideen zu modern und nicht traditionsbewusst genug sind?, f?hrt sie schlie?lich fort. ?Ich bin st?ndig mit ihnen aneinandergeraten, weil ich gerne eine gr??ere Rolle spielen wollte, als sie für mich geplant hatten. Im Gegensatz zu James würde ich das Unternehmen wirklich gern übernehmen. Aber für sie gab es immer nur ihn. Das stand schon seit unserer Geburt fest. Ganz gleich, was wir beide wollen.? Sie nimmt den L?ffel aus dem Becher und steckt ihn in den Mund. Dann seufzt sie genüsslich.

?Ich hasse es, dass ihr diesem Druck ausgeliefert wart. Und immer noch seid. Ich stelle mir das so schwierig vor?, murmle ich und widme mich meiner eigenen Schokolade. Die W?rme tut unglaublich gut, und meine kalten Finger tauen nach und nach wieder auf.

Lydia sieht so traurig und hoffnungslos aus, dass ich sie am liebsten in den Arm nehmen würde. ?Wenn man unsere Familie von au?en betrachtet, hat es den Anschein, als ob Mum und Dad uns über alles lieben und immer nur das Beste für uns wollen. Wollten. Wie auch immer.? Sie r?uspert sich. ?Ich kann mich nicht beschweren, so aufgewachsen zu sein. Das steht mir nicht zu. Ich wei? nicht, wie viel James dir erz?hlt hat, aber … es gibt einige Dinge, die einfach schiefgelaufen sind und die nicht wieder rückg?ngig gemacht werden k?nnen.?

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